Geschichten

Der Rotmilan II

Da es eine sehr lange Nacht war, wurde ich am nächsten Morgen auch entsprechend spät erst wach. Patricia Sahs im Wohnzimmer und schlief auch noch, obwohl sie eigentlich schon hätte wach sein müssen; denn Milane jagen bevorzugt in den Morgen und Abendstunden. Ich liess sie jedoch schlafen und machte mir Kaffee und etwas zu essen. Als das erledigt war, setzte ich mich vor den PC, um mir die Photos vom Vorabend anzuschauen. Gerade als ich sahs, klopfte Patricia an die Scheiben und so musste ich sie erst heraus lassen. Ich ging wieder zurück an den PC, doch bevor ich mir die Photos ansah, suchte ich die Wettervorhersage für die nächsten Tag. Es sollte ja noch einen Ausflug zur Frohburg oder Ruine Stein geben. Da der Wetterbericht für die ganze folgende Woche Sonnenschein meldete, entschied ich mich doch für die Frohburg; denn diese lag im Wald und es hatte auch Wiesen in der Nähe. Zunächst aber widmete ich mich den Photos und stellte eine kleine Serie für das Internet zusammen. Es war sehr schade, dass es keine Photos von Patricia im Sonnenuntergang gab. Da ich aber nicht nur Photos vom Sonnenuntergang gemacht hatte, sondern auch vom Schloss, den Gästen und der gesamten „Stimmung“, stellte ich davon einigen Photos auf den einschlägigen Seiten aus. Auf einer dieser Seiten konnte man auch einen Kommentar zur Sommerlichen Schlossromantik verfassen, was ich auch tat. Natürlich erwähnte ich auch Patricia in dem Kommentar und gab eine kurze Beschreibung zu den Rotmilanen ab. Es dauerte nicht lange, da kamen auch schon die ersten Antworten zu meinem Kommentar. Und in fast jedem wurde gefragt, ob es irgendwann auch Photos von mir zusammen mit Patricia geben würde. Dazu konnte ich allerdings nicht wirklich etwas sagen; denn so wie sich Patricia verhalten hatte, sah es mit Photos von uns beiden eher schlecht aus. Dass ich von ihr alleine welche machen konnte war ja kein Problem, also verwies ich die Leute auf die bereits gemachten Photos von ihr. Als ich mir die anderen Kommentare so durchlas, stellte ich fest, dass Patricia und ich doch in vielen erwähnt wurden und das Verhalten des Photographen, der Patricia heimlich photographieren wollte, teilweise recht heftig kritisiert wurde. Am gleichen Abend erhielt ich dann sogar von den Veranstaltern der Sommerlichen Schlossromantik eine Anfrage, ob es nicht möglich sei, dass ich an der nächsten mit Patricia auftreten könnte. Leider konnte ich da nicht zusagen, da Patricia ja immer noch ein Wildvogel war und folglich auch nicht wie bei einem Falkner lebte, also ständig für Vorführungen abgerichtet und parat war. Das war für die Veranstalter kein Problem und ich sollte mich melden, wenn es absehbar sei, ob es eine Vorführung geben könnte. Diesem Vorschlag konnte ich bedenkenlos zustimmen. Inzwischen war es schon fast dunkel und da Patricia immer nicht zurück war, schloss ich die Balkontür wieder und ging früh zu Bett.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte und auf den Balkon schaute, war Patricia noch immer nicht da und so beschloss ich mit dem Ausflug auf die Frohburg so lange zu warten, bis sie sich wieder zeigen würde, bzw. über Nacht entweder auf dem Balkon oder im Zimmer bleiben würde. Ich hatte nämlich vor recht früh aufzubrechen. Als ich am Nachmittag nochmals auf den Balkon ging, um nach Patricia Ausschau zu halten, entdeckte ich am Waldrand drei kreisende Rotmilane. Einen von ihnen erkannte ich sofort als Patricia. Doch sie schien mich nicht gesehen zu haben; denn sie kreiste mit den anderen beiden in der Thermik immer weiter in den Himmel. Sie zogen ihre Kreise nachher so hoch, dass sie schon fast nicht mehr zu erkennen waren. Und da kam mir plötzlich eine Idee. Da ich ja durch die Sommerlich Schlossromantik bekannt war wie der sprichwörtliche bunte Hund, brauchte ich irgendwie noch ein spezielles Erkennungsmerkmal. Ich hatte ja Photos von Patricia, wie sie auf der Balkonbrüstung sitzt. Daraus kreierte ich ein einfaches Wappen, welches ich nachträglich als Wasserzeichen auf die Photos von ihr aufbrachte und ein weiteres Wappen kreierte ich für Visitenkarten und als Logo für das Album, welches ich ja mit den Photos schon im Internet hatte. Auch an diesem Abend kam Patricia nicht zu mir und so beschloss ich noch den nächsten Tag abzuwarten und sie sonst zu rufen. Am nächsten Abend erschien sie allerdings und ich hatte fast das Gefühl als hätte sie geahnt, dass tags darauf der Ausflug auf die Frohburg stattfinden sollte. Sie setzte sich am Abend an ihren Platz im Wohnzimmer und war auch sehr schnell eingeschlafen.

Wie es der Wetterbericht angekündet hatte, war das Wetter immer noch sehr gut, allerdings hatte es sich über die Nacht etwas abgekühlt, so dass es am frühen Morgen etwas frisch war. Das war aber nicht weiter schlimm, da ich ja noch ein Stück zur Frohburg mit Patricia fahren musste. Also machte ich mir schnell etwas zum Frühstück, steckte mir noch etwas für den Mittag ein und kurz darauf sassen wir auch schon im Auto. Da ich etwas Besonderes vorhatte, hielt ich bei der erst besten Metzgerei an und kaufte ein Stück Rindfleisch, welches in etwas mausgrosse Stücke schneiden lies und dann ging es weiter. Als wir an der Frohburg ankamen, war es schon wieder recht warm und ich suchte einen Schattenplatz zum Parkieren. Vorher liess ich jedoch Patricia schon einmal heraus, damit sie das Gelände erkunden konnte. Und ohne einen Flügelschlag zu machen gleitete sie nur durch die Thermik getragen davon. Ich parkierte das Auto, packte das Fleisch und die Kameraausrüstung und machte mich auf den kurzen Weg zur Ruine der Frohburg. Dieser Weg führte genau am Rand einer Weide und des Waldes rund um die Frohburg vorbei und da ein Teil der Weide noch im Schatten lag, wollte ich diesen für die ganz speziellen Photos ausnutzen. Ich begab mich also in den schattigen Teil der Weide und machte die Kamera parat. Patricia schwebte immer noch über dem Gelände und auf einen Pfiff hin kam sie dann zu mir. Ich nahm die Kamera in die freie Hand und stiess Patricia von der anderen nach oben in die Luft. Sie breitete die Flügel aus und segelte dann in einiger Entfernung dicht über den Boden. So konnte ich dann sehr schöne Nahaufnahmen machen und sogar welche von oben; denn teilweise berührte sie fast den Boden, so dass ich von oben auf sie herab sehen konnte. Nach einer Weile zog sie ihre Kreise dann immer weiter hoch und ich konnte Photos auf Augenhöhe machen. So entstanden auf diese Weise etwas an die 200 Photos. Danach legte ich die Kamera dann kurz an die Seite und packte eines der Fleischstücke aus und warf es in einiger Entfernung in die Weide. Patricia hatte ganz ganze genau beobachtet, stürzte sich aber nicht, wie ich erwartet hatte sofort auf das Fleisch, sondern wartete, bis die Kamera wieder in der Hand hatte. Das ganze wiederholte ich solange, bis das Fleisch aufgebraut war und ich bekam einige sehr schöne Photos eines beutegreifenden Rotmilans. Das letzte Stück warf ich jedoch nicht in die Wiese, sondern so hoch ich konnte in die Luft. Leider war ich nicht so schnell wie Patricia; denn sie hatte da Fleisch gegriffen, bevor ich die Kamera parat hatte. Aber statt mit dem Fleisch zu landen und es zu fressen, schraubte sie sich mit zwei kurzen aber sehr kräftigen Flügelschlägen höher in die Luft. Davon konnte ich dann aber sehr gute Photos machen. Als sie dann etwa 20 – 30 Meter über mir war, liess sie das Fleischstück fallen, drehte kurz ab, so dass ich sie fokussieren konnte und kam dann zurück. Sie ergriff das Stück Fleisch in etwas 5 – 6 m Höhe und mir gelangen so wirklich gute Photos davon. Patricia steuerte den nächsten Baum an, um das Stück Fleisch zu fressen, ich verstaute in der Zwischenzeit die Kamera und ging dann zur Ruine. Dort angekommen, sah ich Patricia bereits über der Ruine kreisen. Ich suchte mir einen schattigen Platz, an dem ich die Kameraausrüstung deponieren konnte, packte die Kamera wieder aus und pfiff kurz nach Patricia. Sie kam auch sofort, setzte sich aber nicht auf meine Hand oder Schulter, sondern kreiste ganz dicht bei mir. So konnte ich Photos vom ihr machen mit den Mauerresten der Frohburg im Hintergrund. Nach einiger Zeit ging ich dann durch den noch erhaltenen Torbogen aus der Ruine heraus und Patricia folgte mir in einigem Abstand. Allerdings glitt sie nicht über diesen hinweg, wie ich erwartet hatte, sondern hindurch. So gelangen mir natürlich ein paar sehr eindrückliche Photos. Dies waren dann für den Tag auch die letzten Photos. Ich packte die Kameraausrüstung zusammen und Patricia zog ihre höher werdenden Runden über der Ruine. Es hatte den Anschein, als wollte sie nicht im Auto mit zurück fahren, sondern fliegen. Und so war es dann auch; denn als ich am Auto angekommen war, war Patricia schon ausser Sichtweite und ich sah sie an diesem Tag auch nicht wieder. Die folgende Nacht wurde wieder eine sehr lange Nacht; denn es gab weit über 400 Photos zu sichten und ins Internet zu stellen. Als ich damit so weit war und ich zu Bett ging, wurde es sogar schon wieder hell.

In den nächsten Tagen erschien Patricia nur manchmal tagsüber mit den anderen Milanen zusammen kreisend über den Wiesen und Weiden, aber in den Nächten blieb sie draussen. Dafür kamen aber viele Anfragen und Kommentare zu den sensationellen Photos, ganz besonders denen, auf denen Patricia das Fleisch vom Boden griff und durch das Tor segelte. Das besondere an den Milanen ist, dass sie zu den echten Greifvögeln gehören, was bedeutet, dass sie ihre Beute im Flug vom Boden greifen und damit dann weiter fliegen. Andere Greifvögel greifen sich zwar auch die Beute, landen aber mehr oder weniger direkt auf ihr und fressen sie entweder an Ort und Stelle oder fliegen mit der Beute in einen Baum, um sie dort zu fressen. Alleine mit den Photos, wie Patricia die Beute vom Boden griff, verdiente ich in wenigen Tagen mehrere Tausend Franken. So beschloss ich dann, die meistverkauften Photos als sogenannte Stock-Photos anzubieten. Und es sollte sich lohnen. Gleich in den ersten Tagen gingen die Photos weg wie die berühmten warmen Semmeln. Was jetzt noch fehlte, waren Photos von Patricia auf einem Baum sitzend.

Inzwischen wurde es langsam Herbst und Patricia liess sich nun auch abends öfter auf dem Balkon nieder, um dort die Nacht zu verbringen. Eines schönen Morgens streckte ich ihr dann die Hand entgegen und sie hüpfte sofort rauf. Ich setze Patricia dann ins Auto und fuhr mit ihr an eine Stelle, an der einige Bäume etwas vereinzelt standen und ich so genug Platz hatte sie zu photographieren und sie, um um die Bäume zu fliegen. Wie ich richtig vermutet hatte, waren eben jene Bäume schon gefärbt, während die meisten anderen noch fast ganz grün waren. Zunächst machte ich einige Photos von den farbigen Bäumen alleine, während Patricia über dem Gelände ihre Kreise zog. Nach einigen ausgedehnten Runden kam sie dann wie auf Kommando und setzte sich so in einen der Bäume, dass ich sie sehr gut photographieren konnte. Ich ging, nachdem ich ein paar gute Photos gemacht hatte zu einem der anderen Bäume und als ich vor ihm stand, hob Patricia auch ab und folgte mir. Meine Position wählte ich so, dass ich Patricia genau in dem Moment photographieren konnte, als sie in dem „neuen“ Baum landete. Hier machte ich dann auch wieder ein paar Photos, von ihr im Baum sitzend und nach einiger Zeit erhob sie sich und segelte dann einige Runden um die Bäume. So hatte ich dann die Möglichkeit sie vor den farbigen Bäumen zu photographieren bis sie dann langsam ihre Kreise in die Höhe zog und davon segelte. Ich hatte inzwischen genug Photos, packte die Ausrüstung zusammen und fuhr nach Hause. Als ich dort ankam befand sich Patricia schon auf dem Balkon. Und zu meiner Überraschung hatte sie einige Äste unterwegs eingesammelt und dies in die äusserste Ecke vom Balkon gelegt. Es schien, als wollte sie sich dort einen Horst bauen. Da sie nicht auf mich reagierte, als ich die Balkontür öffnete, liess ich sie einfach machen. Statt weiter zuzusehen, setzte ich mich vor den PC und sichtete die neuesten Photos vom Morgen. Ich war selber überrascht, wie gut einige von denen waren, auf denen sie um die farbigen Bäume segelte. Wie auch schon auf der Frohburg segelte Patricia auf Augenhöhe und sehr nah an mir vorbei. Solche Aufnahmen wie dabei herauskamen, wären eigentlich nur mit mindestens 600 mm Objektiven möglich. Und mir reichte in den meisten Fällen das kleine 18-55 mm Objektiv völlig aus. Gut manchmal segelte Patricia auch so nah an mir vorbei, dass ihre Flügelspitzen mich fast berührt hätten. Einige der neuen Photos stellte ich auch wieder ins Internet und merkte dabei, dass ich schon einige Tage nicht mehr nachgeschaut hatte, wie es mit den Stockphotos stand. Zunächst stellte ich aber die neuesten Photos ein und schaute dann auf das Konto. Zu meinem Erstaunen sah ich, dass sich die Photos noch immer recht gut verkauften und mein Guthaben gut gewachsen war. Während ich noch auf meine Konto war, wuchs es schon wieder weiter; denn gerade erst eingestellt wurden schon die neuesten Photos gekauft. Mit so etwas hatte ich nie im Leben gerechnet. Gut, ich hatte natürlich auch nie damit gerechnet, dass ich eines Tages einmal einen Rotmilan mehr oder weniger als Haustier hätte und dass ohne ihn fangen und abrichten zu müssen. Als ich die Photos dann eingestellt und mein Guthaben übertragen hatte, schaute ich wieder auf den Balkon, was Patricia dort so trieb. Wie sich herausstellte schien es nicht nur, als wollte sie einen Horst bauen, sondern sie tat es tatsächlich. Das bedeutete dann wohl, dass Patricia zu den Rotmilanen gehörte, die hier überwinterten. Tatsächlich sahs sie ab da dann auch jeden Abend in ihrem Horst.

So kam dann langsam aber sicher der Winter und Patricia kam auch manche Nacht wieder in die Wohnung. Als es dann anfing zu schneien, ging sie manchmal nur nach draussen, um sich etwas zu fressen zu fangen. Und das brachte sie dann sogar mit in ihren Horst. So wie es aussah, sollte es ein recht schneereicher Winter werden. Für Patricia war das natürlich nicht so gut; denn durch die dicke Schneedecke fielen natürlich ihre Erfolgschancen bei der Jagd. Da sie aber praktisch bei mir wohnte, beschloss ich sie auch entsprechend zu versorgen. Ich suchte im Internet nach einem Zoofachgeschäft, welches Mäuse oder andere, möglichst einheimische, kleinere Nager für Schlangen verkaufte. Ich fand auch eines ganz in der Nähe, nur leider oder vielleicht auch zum Glück verkauften sie kein Lebendfutter in der Grösse. Ich fuhr dann zu dem Geschäft und wurde natürlich gefragt, für welche Schlange die Tiere denn sein sollten. Als ich dann sagte, dass sie für einen Greifvogel sind, wurde ich natürlich erst einmal erstaunt angeschaut. Ich schilderte dann kurz, wie Patricia sich auf meinem Balkon heimisch eingerichtet hatte und dass sie keiner der Wander-Rotmilane war. Also mehr oder weniger doch auf die Zufütterung angewiesen war. Und so kam es dann auch, dass ich gefragt wurde, ob die sensationellen Rotmilanphotos im Internet von mir seien. Ich erfuhr dann sogar, dass sie inzwischen sogar in Fachzeitschriften die Runde machten. Bei Photofachzeitschriften hatte ich damit schon gerechnet, aber es handelte sich hier ja um Tierfachzeitschriften. Das erklärte dann im Nachhinein auch, warum sich die Photos so gut verkaufen liessen. Da ich nur zwei Mäuse für Patricia mitnahm, bekam ich diese dann sogar gratis. Als ich zu Hause war, ging ich sofort auf den Balkon. Um nach Patricia zu schauen. Allerdings war sie nicht in ihrem Horst uns so pfiff ich kurz und nach einiger Zeit kam sie angesegelt. Als sie auf der Balkonbrüstung gelandet war, hielt ich ihr eine der Mäuse so hin, dass sie sie direkt mit dem Schnabel greifen konnte. Aber statt die Maus direkt auf der Brüstung zu fressen, sprang Patricia mit einem Satz in ihren Horst und frass dort die Maus. Als sie damit fertig war, sah sie mich an, als ob sie sagen wollte, wo denn die zweite Maus bleibt. Als ob sie es geahnt hatte, dass ich zwei Mäuse hatte. Ich ging in die Küche, um die zweite Maus zu holen und liess die Balkontür dabei nur angelehnt. Das nutzte Patricia natürlich aus und hüpfte ins Wohnzimmer zu ihrem Stammplatz. Dort nahm sie dann die Maus in Empfang und verzog sich zum Fressen wieder nach draussen. Als Patricia auch die zweite Maus gefressen hatte, stieg sie über die speziell für sie angefertigte Leiter auf die Balkonbrüstung und hob ab, um ein paar Runden über die verschneiten Weiden und Felder zu drehen. Nach einigen Tagen mit Schneefällen schien inzwischen die Sonne wieder und der Himmel war ganz klar. Die Temperaturen waren natürlich entsprechend niedrig, aber die Sonne war wohl starkgenug, um eine ausreichende Thermik für Patricia zu erzeugen. Wenn das Wetter die nächsten Tage so bleiben und auch der Schnee auf den Bäumen liegen blieb, dann wollte ich mit Patricia wieder einen kleinen Photoausflug machen. Allerdings wusste ich noch nicht ganz genau wohin. So ging ich erst einmal im Internet den Wetterbericht anschauen. Dieser sagte für die nächsten Tage dauerhafte Temperaturen unter null Grad mit Sonnenschein an. Und plötzlich kam mir eine Idee wo ich vielleicht hin fahren könnte. Jetzt konnte ich das ja spontan entscheiden, da Patricia bei solchen Temperaturen drinnen nächtigte.

Am nächsten Morgen wurde ich recht früh wach und daher beschloss ich, diesen Tag für den Photoausflug mit Patricia zu nutzen. Ich machte mir also mein Frühstück, doch noch bevor ich damit anfangen konnte, hatte Patricia schon an die Balkontür geklopft und wollte nach draussen. Ich liess sie raus und machte mir dann mein Frühstück. Als ich fertig war, war Patricia auch schon wieder zurück und so setzte ich sie ins Auto, um mir ihr an den Oberlauf der Emme zu fahren. Ich rechnete damit, dass wir dort noch ein ganzes Stück zu Laufen hätten, aber dem war nicht so und ich konnte so weit wie auch im Sommer möglich fahren. Als ich die Tür auf der Beifahrerseite öffnete sprang mir Patricia schon fast entgegen und war sofort mit einem kräftigen Flügelschlag auf und davon. Natürlich blieb sie immer in Sichtweite, damit sie mich nicht verlieren konnte. Wenn sie natürlich ihre Kreise sehr hoch zog, konnte es vorkommen, dass ich sie nicht mehr erkennen konnte, sie mich aber trotzdem. Sie hatte ja schliesslich die sprichwörtlichen Adleraugen, mit denen sie so kleine Beute wie Mäuse auch aus sehr grossen Höhen erspähen konnte. Wie erwartet, waren die Bäume hier oben noch dick voll Schnee. Allerdings war auch der Weg zu Emme sehr verschnei; und zwar so, dass man ihn leider nicht begehen konnte. Also fuhr ich ein paar Hundert Meter zurück; denn dort hatte es Stellen, an denen man rechtleicht in das Bett der Emme gelangen konnte. Und ich hatte Glück; denn das Ufer war mit Bäumen gesäumt, die den meisten Schnee vom Boden ferngehalten hatten. Ich nahm also meine Kamera und ging ins Bett der Emme. Nach einem kurzen Pfiff tauchte dann auch Patricia am strahlend blauen Himmel auf. Als ob sie meine Gedanken lesen konnte, segelte sie ganz dicht über die Emme hinweg und an den verschneiten Bäumen vorbei. Der weisse Hintergrund war natürlich perfekt, da sie davor besser zur Geltung kam als vor grünen Bäumen. Klar, das Rot-braun-grau ihres Gefieders sollte ja im Sommer mehr oder weniger der Tarnung dienen. Zum Abschluss setzte sie sich dann auf einen Baum und dadurch fiel natürlich der lockere Schnee teilweise von den Ästen. Dank des Sportmodus konnte ich davon eine Serie von Photos in sehr kurzer Folge machen. Und wie sich später herausstellen sollte, waren es wieder einmal sehr gute Bilder geworden. Als ich dann die Photos gemacht hatte, verstaute ich die Kamera wieder und streckte danach meinen Arm aus. Patricia, die immer noch im Baum sahs erkannte diese Geste sofort, kam zu mir gesegelt und setzte sich nicht auf die Hand. Stattdessen setzte sie sich auf meine Schulter und drückte sich an mein Gesicht, als ob sie mit mir schmusen wollte. So ging ich dann mir zurück zum Auto, setzte sie auf den Beifahrersitz und wir fuhren zurück. Da das Zoofachgeschäft fast auf dem Weg lag, machte ich den kleinen Umweg, um noch ein paar Mäuse für Patricia zu kaufen. Eine der Mäuse wollte ich ihr sofort geben, doch sie zeigte kein Interesse. Also fuhren wir weiter nach Hause und ich gab ihr dort die Maus. Auf dem Balkon nahm sie die Maus sofort und setzte sich zum Fressen in ihren Horst. Ich begab mich derweil wieder an den PC um die Photos zu sichten und auch wieder ins Internet zu stellen. Kaum waren die ersten Photos von Patricia vor den verschneiten Bäumen hochgeladen, kam schon die erste Bestellung. In der kurzen Zeit, in der ich jetzt die Photos von Patricia verkaufte, hatte daran mehr verdient als ich normal verdiente. Daher kam mir die Idee eine ganz eigene Webseite mit den Photos zu machen und sie nur noch darüber zu verkaufen. In dem Fall konnte ich nämlich den gesamten Verkaufspreis selber behalten. Bei den Photogemeinschaften war es ja nur ein Anteil, den ich bekam. Allerdings war auch der schon nicht schlecht. Das schlechte Wetter des restlichen Winters kam mir da natürlich sehr gelegen und so hatte ich die Seite schnell fertig. Dabei kam mir natürlich auch zugute, dass ich schon einige Erfahrungen mit meiner „normalen“ Webseite hatte sammeln können. In den Gemeinschaften verkündete ich eine Woche lang, dass es per sofort eine eigene Seite gäbe und tatsächlich kaufte in den Gemeinschaften nach einer Woche keine Photos mehr. Zur Sicherheit liess ich die Photos dennoch eine weitere Woche dort stehen, bevor ich sie samt den zugehörigen Konten löschte. Bis auf einige wenige Anlässe zu den ich Patricia nicht mitnehmen konnte, tat sich den Winter über nichts Besonderes.

Durch die Sommerliche Schlossromantik hatte sich natürlich herumgesprochen, dass es da jemanden mit einem Rotmilan gab, der eventuell für Vorführungen in Frage kommen würde. Und so kam gegen Ende des Winters eine Anfrage für einen Frühjahrs-Anlass. Am 21. März sollte es ein „schwarzes Frühlingserwachen“ geben. Geplant war eigentlich nur ein Grillabend auf Schloss Neu-Bechburg, aber ich sollte dann mit Patricia für eine Überraschung sorgen. Ich sagte zwar zu, aber unter der Prämisse, dass es immer noch kurzfristig zu einer Absage kommen könne, da Patricia ja ein wilder Rotmilan war. Es war also sehr gut möglich, dass sie sich im Frühjahr paaren und dann ihre Jungen gross ziehen würde. Als das Frühjahr dann kam, rechnete ich damit, Patricia längere Zeit nicht mehr zu sehen, doch sie kam nach wie vor jeden Abend zu ihrem Horst zurück, allein. Folglich musste ich wohl nicht damit rechnen, dass ich eines Tages auch noch ein Rotmilan-Männchen mit im Horst sitzen hatte. Für Photos wäre das allerdings sehr interessant gewesen. Patricia wollte wohl Single bleiben; denn sie reagierte so gut wie nie auf die Balzrufe der männlichen Rotmilane aus der Umgebung. Das konnte mir eigentlich nur recht sein; denn so brauchte ich mir keine Gedanken wegen des 21. März machen, ob sie da ist oder nicht. Vorsorglich fragte ich schon einmal im Zoogeschäft an, ob sie für den Tag einige Mäuse hätten, die ich für den Auftritt brauchen würde. Es wurde mir versichert, dass immer ausreichend Mäuse vorhanden seien, da sie selber züchten würden. Das war gut zu wissen. So kam dann also der besagte 21. März, für den ich dann ja zusagen konnte. Ich lud meine Kameraausrüstung, die Mäuse und Patricia ins Auto und wir fuhren zur Neu-Bechburg. Dort angekommen liess ich Patricia sofort fliegen; denn es durfte sie ja noch niemand sehen. Und im Wald rund um das Schloss konnte sie sich gut verstecken, wenn sie das denn Tat. Da sie ja keine Sprache verstand, konnte ich ihr ja nicht sagen, was sie machen sollte und was nicht. Ich ging dann zum Veranstalter, stellte mich kurz vor und sagte, dass ich Patricia zwar hier hätte, sie aber irgendwo im Wald wäre, damit sie nicht zufällig gesehen würde. Das war für den Veranstalter kein Problem und wir besprachen dann kurz den zeitlichen Ablauf. Wir planten eine kurze Flugvorführung mit Patricia zur Zeit des Sonnenuntergangs. Als es dann soweit war, verkündete der Veranstalter, dass er nun eine kleine Überraschung für die Gäste hätte und sie auf den Herren im Garten achten sollten. Um diese Überraschung noch etwas spannende zu machen, pfiff ich unbemerkt nach Patricia und wartete noch einen kleinen Moment. Erst als ich sie über das Schloss segeln sah, begab ich mich in den Garten. Kaum war ich auf Position, kam Patricia auch schon im Sturzflug an. Einige der Gäste erschraken verständlicher Weise und man konnte ihren Gesichtern ansehen, dass sie glaubten Patricia würde mich angreifen. Als ich dann aber meinen Arm ausstreckte und sie darauf landete konnte die Erleichterung unter den Gästen richtig spüren. Ich erklärte kurz, welcher Greifvogel Patricia war und wie ich an sie geraten war. Natürlich kam dann auch sofort die Frage auf, wie es mit Photos ausschauen würde. Leider konnte ich dazu nichts sagen und so musste ich es ausprobieren. Als sich der erste Gast traute und recht nah mit seiner Kamera kam, reagierte Patricia fast gar nicht darauf. Sie sah, wie es sich eigentlich gehörte in die Kamera, und das war alles an Reaktion. Und dann wollte natürlich jeder mit Kamera mindestens ein Photo machen. Als dann das letzte Photo im Kasten war, hob ich meinen rechten Arm nur kurz an und Patricia hob mit einem kräftigen Flügelschlag ab. Die Mäuse hatte ich gut versteckt bei mir und nachdem Patricia 1 – 2 Runden durch den Garten gesegelt war, legte ich eine der Mäuse neben mir auf den Boden und ging einige Schritte zur Seite. Sofort kam Patricia zurück, griff sich im Flug die Maus vom Boden und verschwand damit auf eine Mauer. Eine weitere Maus hatte ich an ein Band gebunden, so dass ich sie wie einen Poi benutzen konnte. Ich liess die Maus einige Male kreisen und liess sie dann los, dass sie fast senkrecht weit in die Luft flog. Patricia hatte das ganze natürlich von der Mauer aus beobachtet und kurz nachdem die Maus schon wieder zu fallen begann, griff sie sich in der Luft. Mit der Maus in den Krallen schwebte sie dann zurück zur Mauer und frass die Maus. Diese Aktion brachte natürlich einen riesigen Beifall, aber Patricia zeigte sich davon nicht beeindruckt. Es hatten zwar einige Leute versucht Photos davon zu machen, aber da es recht unvorbereitet kam, wurden die meisten Phots leider nichts. Da ich schon mit so etwas gerechnet hatte, hatte ich vorsorglich eine zweite Maus mit Band versehen und so konnte ich die Aktion wiederholen. Dieses Mal standen die Photographen schon bereit und versuchten die Maus mit der Kamera zu verfolgen. Einigen gelang das, anderen leider nicht; denn die Maus flog durch den Schwung der Drehung ziemlich schnell. Und wieder griff sich Patricia die Maus im Flug, setzte sich dann auf die Mauer und frass die Maus. Eine Maus hatte ich noch und die legte ich wieder neben mir auf den Boden, so dass man dann auch davon Photos machen konnte. Und erst da fiel einigen Leuten auf, dass Patricia nicht auf der Maus sitzen blieb, wie man es sonst bei Greifvögeln beobachten würde. Ich hatte bei der Vorstellung bewusst noch nicht erwähnt, dass Rotmilan zu den echten Greifvögeln gehören; denn ich wollte sehen, ob es jemand bemerken würde. Und wie sich zeigte, wurde es bemerkt. Also erklärte ich auch erst jetzt, dass Rotmilane, wie auch Seeadler ihre Beute praktisch im Vorbeiflug einsammeln. Nachdem Patricia dann auch die letzte Maus gefressen hatte, war die Vorführung eigentlich mehr oder weniger vorbei. Ich hatte mir ihr ja nie irgendwelche Kunststücke einstudiert, da sie ja ein Wildvogel war und nicht in Gefangenschaft wie bei einem Falkner lebte. Da ich bisher noch nichts gegessen hatte, holte ich mir eine Portion und setzte mich damit etwas abseits, da Patricia noch immer auf der Mauer sahs und ich damit rechnete, dass sie jeden Moment herunter kommen könnte. Sie liess mich allerding in Ruhe Essen und erst als ich das Besteck und den Teller weggebracht hatte, kam sie zu mir und setzte sich auf meine Schulter, wo sie dann den Rest des Abends ganz ruhig sitzen blieb. Wie auch schon bei der Vorführung störte sie sich, nicht wie in Lenzburg, daran, dass die Leute Photos machen wollten. Ich hatte eher das Gefühl, als würde sie das geniessen. Natürlich kam ich mit einigen der Gäste ins Gespräch und unter anderem gefragt, ob ich solche Vorstellungen nicht öfters an Veranstaltungen machen könnte. Leider konnte ich nicht zustimmen, da Patricia, wie gesagt, nicht bei mir in Gefangenschaft lebte und ich daher nicht wusste, ob sie an einem Termin auch verfügbar oder lieber irgendwo unterwegs war. Trotzdem gab ich einigen Leute meine Visitenkarte, damit sie mich bei Bedarf kontaktieren konnten. Während der Gespräche kam dann auch der Veranstalter noch zu mir und bat mich um eine kurze Unterredung unter vier Augen. Allerdings war es mehr nur eine Frage; denn er bat um meine Bankverbindung, da er mir für die Vorstellung etwas überweisen wollte. Wieviel das sein würde konnte er noch nicht genau sagen, da er erst einmal eine genaue Abrechnung machen müsse. Ich gab ihm meine Daten und dann verabschiedeten wir uns auch schon. Er fragte aber noch, ob er wieder auf mich zu kommen dürfe, wenn er wieder einmal einen ähnlichen Anlass plane. Ich sagte zwar zu, aber eben wieder unter der Prämisse, dass ich es erst kurz vorher zu einhundert Prozent sagen könne. Für ihn war das kein Problem und so trennten wir uns dann. Da Patricia nun auch langsam etwas schwer auf der Schulter wurde, beschloss ich dieses Mal nicht als einer der letzten Gäste zu gehen, sondern tat es sofort nach dem Gespräch.

In den nächsten Wochen kamen nun dank der Vorführung mit Patricia sehr viele Einladungen, meist zu Grillabenden, zu denen ich Patricia selbstverständlich immer mitbringen sollte. Leider war sie aber an einigen wenigen Abenden nicht in ihrem Horst, so dass ich sie auch nicht mitnehmen konnte. Die Gastgeber waren zwar etwas enttäuscht, aber verstanden auch, dass Patricia ja nicht bei mir in Gefangenschaft lebte und ich das auch nicht wollte. So verging die Zeit dann recht schnell, bis die nächste Sommerliche Schlossromantik auf Schloss Lenzburg anstand. Allerdings sollte ich an dieser mit einer etwas anderen Patricia teilnehmen. Es war wieder einmal ein freies und sonniges Wochenende und ich alleine im nahen Wald spazieren. Selbst die Kamera blieb zu Hause. Als ich dann irgendwann auf einer kleinen Lichtung stand und mir ein paar Blumen anschaute, die mir nicht bekannt vorkamen, kam Patricia plötzlich an geglitten. Sie war so vorsichtig, dass sie erst sah, als sie schon fast vor mir sahs. Und das wunderte mich etwas; denn normalerweise hätte sich Patricia auf meine Schulter, oder wenn ich es gemerkt hätte, dass sie kommt, auf meine Hand gesetzt. Nun sahs sie aber zwischen den Waldblumen vor mir am Boden und sah mir tief in die Augen. Ich sah sie fragend an und da von ihr keine Reaktion kam, streckte ich ihr meine Hand entgegen, dass sie sich darauf setzten konnte, aber auch darauf reagierte sie nicht, sondern sah mich immer noch mit seinen blau-grau-grünen Augen an. Ich dachte mir nichts weiter dabei und wandte mich wieder den Blumen zu, von denen ich ein abpflückte, um sie zu Hause zu bestimmen. Dabei hatte ich Patricia im Rücken, so dass ich sie nicht sehen konnte. Allerdings spürte ich in dem Moment, als ich die Blume pflückte, dass sich hinter mir etwas tat. Ich drehte mich um und traute meinen Augen nicht. Statt Patricia sahs eine sehr hübsche fast weisshäutige junge Frau mit langen schwarzen Haaren vor mir auf dem Waldboden. Ich drehte mich nochmals kurz zu den Blumen zurück und dann wieder zu Patricia, aber der Rotmilan blieb verschwunden. Als ich versuchte sie zu berühren und zu fühlen, ob es nicht doch eine Halluzination war, streckte sie eine offene Hand entgegen und ich sah den Ring von Patricia in ihrer Hand liegen. Ich kniff mir selber in den Arm, um zu prüfen, ob ich nicht träumte, aber das tat ich nicht. Da sprach mich die Frau sogar an und sagte, dass sie Patricia hiesse und den Namen von mir habe. Ich fragte sie zurück wie das überhaupt möglich sein könne, da sie ja vor wenigen Minuten noch ein Rotmilan gewesen sei. Darauf antwortete sie mit nur einem Wort: Magie. Ich liess das so stehen und fragte sie, wie es denn jetzt weiter gehen würde. Da sie ja kein Vogel mehr war, konnte sie ja unmöglich hier draussen im Wald bleiben, zumal sie auch noch vollkommen nackt war. Sie sah mich darauf nur fragend an, womit sie sagen wollte, dass ich das selber entscheiden solle. Daraufhin bat ich sie aufzustehen, um zu sehen, wie gross sie überhaupt war und zu schätzen, welche Kleidergrösse sie hatte. Das war dann relativ einfach; denn sie war vielleicht 10 cm kleiner als ich. Daraufhin bat ich sie etwas zu warten; damit ich ihr etwas von mir zum Anziehen holen konnte. Ich ging schnell nach Hause und als erstes führte mich der Weg vor den Spiegel, um zu sehen, ob ich irgendwie etwas an den Augen hatte. Sie waren weder irgendwie andersgefärbt, noch waren die Pupillen verändert und mich selber erkannte ich auch. Dann war das, was da gerade im Wald passiert war weder ein Traum, noch eine Halluzination. Ich suchte dann schnell etwas zum Anziehen heraus und ging damit wieder in den Wald. Als ich zurück auf die Lichtung kam, war die Frau tatsächlich immer noch dort. Sie hatte in der Zwischenzeit einige Blumen gepflückt und hielt mir den Strauss entgegen, als ich ihr die Kleidung reichte. Als sie dann angezogen war, sagte ich zu ihr, dass wir dann wohl als erstes etwas Richtiges für sie zum Anziehen kaufen müsste. Kaum hatte ich den Satz ausgesprochen, da fasste sie meine Hand, zog sanft daran und setzte sich in Bewegung. Während wir zu mir nach Hause gingen, sprachen wir kein Wort, obwohl ich eigentlich jede Menge Fragen hatte und sie vermutlich auch. In der Wohnung angekommen lief sie sofort ins Schlafzimmer und legte sich auf das Bett. Da ich ja noch die Blumen in der Hand hatte, versorgte ich diese zunächst und hörte dabei ein wohliges Stöhnen aus dem Schlafzimmer, was darauf hindeutete, dass Patricia ein Bett dem Horst auf dem Balkon vor zog. Nachdem die Blumen in einer passenden Vase im Wohnzimmer auf dem kleinen Tischchen abgestellte hatte, ging ich zu Patricia ins Schlafzimmer und bat sie mit zu kommen, dass wir ja noch etwas zum Anziehen kaufen müssten und es schon relativ spät war. Zumindest für Unter- und Nachtwäsche würde die Zeit noch reichen. Alles andere konnte sie zur Not ja vorerst von mir tragen. Also machten wir uns schnell auf den Weg. Als wir dann im Geschäft waren, steuerte Patricia gezielt auf die Wäsche zu, griff sich Slips und BH’s sah sie sich genau an und drückte mir das eine oder andere Stück in die Hand. Es hatte den Anschein, als wäre sie nie der Rotmilan gewesen, der noch vor wenigen Stunden im Wald vor mir auf dem Boden gelandet war. Die Suche und Auswahl ging sogar so schnell, dass wir dann sogar noch Zeit für die Oberbekleidung gehabt hätte. Doch da bräuchten wir nicht zu schauen, meinte Patricia, da ihr davon nichts gefallen würde. Ich sah sie etwas fragend an und sie lächelte mir nur zu. Da war mir sofort klar, was sie gemeint hatte. Also ging es erst einmal wieder nach Hause. Am nächsten Tag wurden wir beide sehr früh wach, frühstückten in aller Ruhe und machten uns dann auf den Weg in das nächstgelegene „schwarze“ Geschäft. Hier war die Auswahl zwar nicht ganz so gross wie in normalen Bekleidungsgeschäften, aber trotzdem liess sich Patricia sehr viel Zeit. Und sie probierte auch das eine oder andere Stück an. Am Ende hatte sie dann ein dunkelgrünes, ein dunkelrotes und ein schwarzes Kleid, sowie mehrere schwarze Röcke und auch noch eine dunkelviolette Corsage. Ich konnte nicht einmal sagen, was davon jetzt in welcher Kombination am besten aussah; denn ihr stand jedes Stück, wie für sie gemacht. Da das nicht unbedingt alltagstaugliche Kleider und Röcke waren, es aber in diesem Geschäft nur solche etwas „besseren“ Kleider gab, mussten wir noch in einen weiteren Laden. Dort nahm sie dann einige einfachere Röcke und dazu alltagstaugliche Blusen. Dieses Mal alles ganz in schwarz. Was jetzt noch fehlte, waren schwarzer Nagellack und diverse Schminkuntensilien und auch Farben. Nachdem Patricia dann eingekleidet war, war es schon Nachmittag und uns hing der Magen sprichwörtlich auf den Füssen. Also gingen wir noch schnell eine Kleinigkeit essen, bevor es dann nach Hause ging; denn Patricia wollte die neuen Kleider nochmals anziehen und sich damit auch etwas mehr bewegen. Als sie dann in dem ganz schwarzen Kleid so durch die Wohnung schritt, kam sie plötzlich auf die Idee, doch Photoshootings zu machen. Mit den Kleidern gäbe es ja schliesslich mehr Möglichkeiten als nur im Federkleid. Damit hatte sie natürlich nicht ganz Unrecht, aber die Photos, die ich von ihr im Federkleid hatte, waren teilweise so einmalig, dass sie sich immer noch verkaufen liessen.

Für das folgende Wochenende bekam ich wieder eine Einladung und ich sollte doch bitte Patricia mitbringen und eine kleine Vorführung machen. Patricia konnte ich zwar mitbringen, aber die Vorführung musste leider ausfallen; da Patricia ja kein Rotmilan mehr war. Oder war es vielleicht möglich, dass sie sich wieder vom Menschen in einen Vogel verwandeln konnte? Möglich wäre es ja gewesen, da es anders herum ja funktioniert hatte. Die Gastgeber waren zwar etwas enttäuscht, dass die Vorführung nicht stattfinden konnte, aber ich hatte ihnen ja nicht verraten, aus welchem Grund das so war. Und da sie Patricia nicht als Mensch kannten, dachte ich, dass sie dennoch ziemlich überrascht waren. Als ich Patricia fragte, ob es möglich war, dass sie sich für diesen Abend zurück in einen Rotmilan verwandeln konnte, sagte sie mir, dass es nur dieses einmal möglich wäre und auch nur vom Tier zum Mensch. Was ihr jedoch möglich war, dass sie telepathisch mit einem anderen Rotmilan kommunizieren konnte. Nun, das waren doch sehr interessante Informationen. Also beschlossen wir, dass sie Kontakt zu einem der Rotmilan in der Nähe aufnahm und dieser dann mit uns kommen sollte. Und so ging es dann am besagten Abend mit Patricia und einem noch sehr jungen Rotmilanweibchen zu der Einladung. Und wie man sich denken konnte, war die Überraschung natürlich sehr gross, als ich mit Patricia und dem Rotmilan auftauchte. Da wir nicht wussten, wie lange Patricia die telepathische Verbindung mit dem Rotmilan aufrecht halten konnte, begannen wir schon kurz nach der Ankunft mit unserer kleinen Vorstellung. Das heisst eigentlich war es mehr Patricia’s Vorstellung, da sie sich hauptsächlich mit dem Rotmilan beschäftigte. Nach der Vorstellung setzte sie mir das Weibchen auf die rechte Hand, löste die telepathische Verbindung und ich hob meinen Arm kurz so an; dass das Rotmilanweibchen problemlos die Flügel ausbreiten und davon gleiten konnte. Dieses Weibchen konnte ich um einiges höher drücken, da es wesentlich leichter als Patricia war. Allerdings überraschte uns das Rotmilanweibchen damit, dass es nicht wie erwartet davon segelte, sondern direkt Patricia ansteuerte, um auf ihrer Schulter zu landen. Patricia streckte schnell ihre Hand aus, damit der Rotmilan nicht auf ihrer Schulter landen konnte; denn seine Krallen hätten sich sehr leicht in den Rüschen des Kleides verfangen können. Dann versuchte Patricia den Rotmilan in die Luft zu stossen, damit er fliegen konnte, doch auch dieses Mal flog er nicht davon, sondern kam zu mir zurück. Also ging ich mit dem Rotmilan zu einem nahe gelegenen Baum und stiess ihn dort in die Luft, in der Hoffnung, dass er nun den Baum ansteuern würde. Das tat er dann auch. Patricia und ich verbrachten noch einen sehr schönen Abend und als wir uns dann verabschiedeten sahen wir das Rotmilanweibchen noch immer im Baum sitzen. Auf dem Weg zum Auto kam sie dann auf Patricia zu und sie musste den Rotmilan auf die Hand nehmen. So fuhr das er dann wieder mit uns zurück. Kaum angekommen ging Patricia auf den Balkon, setzte das Rotmilanweibchen auf die Balkonbrüstung und kam schnell wieder herein. Nach einer Weile breitete das Weibchen dann auch seine Flügel aus und glitt in die Nacht davon. Nachdem das Rotmilanweibchen dann verschwunden war, begaben auch wir uns ins Bett.

PhoenixAter 26.02.2016